Mitarbeiterbefragungen und Agilität
Teil 2 von 3
Agilität in Mitarbeiterbefragungen messen
In Teil 2 der Artikelreihe "Mitarbeiterbefraungen und Agilität" zeigen wir einige Möglichkeiten, wie man eine Mitarbeiterbefragung agiler gestalten kann. „To get things done“ oder „Taten statt Worte“ – das kann auch einer Mitarbeiterbefragung nicht schaden! Wie können zum Beispiel klassische Fragen einer Mitarbeiterbefragung agile Impulse erfahren?
Items der Mitarbeiterbefragung auf dem Prüfstand
Mitarbeiterbefragungen dienen dazu, anhand relevanter Fragen den Ist-Stand einer Organisation zu erhalten und dieses Bild als Basis für die Weiterentwicklung der Organisation zu verwenden. Das Thema Agilität und die Durchsetzung zunehmend agiler Arbeitsweisen bringen mit sich, dass – um dieses Ziel zu erreichen – auch die Items einer Mitarbeiterbefragung auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Denn wenn Fragen einer Mitarbeiterbefragung ein Zielbild suggerieren, dass tatsächlich nicht gelebt oder angestrebt wird, ergibt sich kein solides Abbild der Realität, sondern bestenfalls ein lückenhafter Flickenteppich wenig valider Antworten. Insofern stellen sich folgende Fragen:
- Bilden die klassischen Mitarbeiterbefragungs-Items die heutigen, zunehmend agileren Arbeitsweisen noch adäquat ab?
- Spiegeln sie anhand der Inhalte und Formulierungen das Erwartungsniveau?
- Besitzen die Erkenntnisse, die aus den entsprechenden Antworten hervor gehen, überhaupt noch Relevanz?
- Viele Fragebögen haben beispielsweise ein klassisches Bild von hierarchischer Führung. Passt dieses in einen Fragebogen gegossene Bild von Führungs- und Kommunikationsstrukturen auch zu zunehmend agileren Organisationsformen?
- Passt ein hierarchisches Bild einer Organisation noch zu Veränderungen in Richtung Selbstorganisation und Eigenverantwortung?
Nachfolgend finden Sie dazu einige Beispiele, wie klassische Fragen einer Mitarbeiterbefragung agile Impulse erfahren könnten.
Viceversa können neue Items – bspw. orientiert am agilen Manifest der Softwareentwicklung – hinzugefügt werden, hier zum Beispiel an dem folgenden Grundsatz orientiert: „Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen.“:
- „Die Arbeit in unserem Team ist bestimmt von den handelnden Akteuren, unterstützt durch Technik und Tools.“
- „Das Handeln im Team wird bestimmt vom gesetzten Ziel, nicht von Regeln oder Vorgaben.“
Grundsätzlich sollten in Mitarbeiterbefragungen, ob Gesamt-Befragungen oder Puls-Befragungen, nur solche Items vorgegeben werden, deren Antworten auch eine Relevanz besitzen bzw. Anknüpfungspunkt für nächste Schritte bieten können. Während die Erfragung von Soziodemografika schon lange passé ist, gibt es noch einige weitere Kandidaten, die spätestens in Zeiten des agilen Arbeitens jeder Befragung verschlossen bleiben sollten: Fragen nach der Zufriedenheit mit dem Gehalt (werden meist – für alle ersichtlich – negativ beantwortet, jedoch wird wohl kaum für alle ein höheres Gehalt dabei herausspringen).
Und auch die fixe Abbildung der Organisationsstruktur und Zuordnung zu Teams- und Abteilungen, wie sie innerhalb von Befragungen üblicherweise angenommen wird, gilt es zu hinterfragen. Was bisher als Fixzuordnung galt, muss ggf. je nach Unternehmen auch parallelen oder multiplen Teamzuordnungen weichen, um die Arbeitsrealität möglichst treffgenau abzubilden.
Gerade weil der Transitionsprozess – hin zu agileren Arbeitsweisen, wie jeder andere Veränderungsprozess – Zeit und Ressourcen braucht, bietet eine Mitarbeiterbefragung auch Gelegenheit mal anzuklopfen: Wie geht es euch mit dieser veränderten Arbeitsweise? Was braucht ihr, damit es noch besser funktioniert? Was fehlt euch, um das Zielbild des agilen Arbeitens tatsächlich umgesetzt zu sehen? Hier gibt es ein breites Feld an Fragen, welches in der Vorbereitung einer Befragung geplant und genutzt werden sollte, um den Befragungsaufwand zu minimieren, den daraus entstehenden Nutzen jedoch zu maximieren.
Mitarbeiterbefragung als Marketingtool
Last but not least ist jede Mitarbeiterbefragung – ob agil oder nicht agil – immer auch ein internes Marketing-Tool. Von Themenschwerpunkten, über Raum für offene Kommentare, Art der Fragestellungen – je nach Ausgestaltung lassen Sie Rückschlüsse über zukünftige Ziele und Ausrichtungen zu. Eine Befragung ist somit nicht nur Puls-Nehmer, sondern gewissermaßen auch Takt-Geber. Wenn es um das Thema Agilität geht, gilt es, dementsprechend das angestrebte oder bereits gelebte Zielbild des agilen Arbeitens auf eine angemessene, nicht verschreckende Art und Weise abzubilden.
Mitarbeiterbefragungen zu „agilisieren“ bedeutet Hinschauen auf allen Ebenen. Auch oder gerade vor der Aufarbeitung macht dies nicht halt. Daher erfahren Sie in Kürze, wie man das Herzstück einer Befragung – die Aufarbeitung der Ergebnisse – so gestalten kann, dass ein Befragungsprojekt sein volles Potenzial als agiles Organisationsentwicklungsinstrument entfalten kann.
Das führt uns zu Teil 3 von 3… auch die Aufarbeitung einer Mitarbeiterbefragung mit mehr Agilität zu betreiben! Mehr davon in Kürze.
Zu den Autoren
Mag. Gerd Beidernikl ist Gründer und Geschäftsführer der vieconsult GmbH, einem auf die Durchführung von Mitarbeiterbefragungen und 360° Führungsfeedbacks spezialisierten Institutes in Wien. Seit mehr als 15 Jahren begleitet er Unternehmen dabei, Feedback aus der eigenen Belegschaft einzuholen und für die Unternehmensentwicklung nutzbar zu machen. Mag. Gerd Beidernikl ist Soziologe, systemischer Coach, Trainer, zertifizierter Managementberater und unerschütterlicher Optimist, dass jeder Arbeitgeber ein sehr guter Arbeitgeber werden kann.
Mag. Victoria Grothe ist Psychologin und betreut als Projektmanagerin bei vieconsult Kundinnen und Kunden in allen Phasen eines Projektes vom Standort Frankfurt aus. Victoria Grothe ist bei vieconsult insbesonders auf die Konzeption und Durchführung von Mitarbeiterbefragungen und Evaluierungen psychischer Belastungen (bspw. nach dem ASchG) spezialisiert.