08. Sep 2021

Das EFQM Modell in der Virtuellen Realität

Virtual Reality und EFQM

VR?  Schon wieder eine Abkürzung, aber entgegen des Trends nur zwei statt der üblichen drei Buchstaben. Das muss etwas Außergewöhnliches sein. Ist es auch, oder? VR steht für „Virtual Reality“ und ist eine der Varianten der immersiven Technologie, wie z.B. das Einspielen von Monstern am Handy, bspw. App „Pokémon Go“ oder auch Datenbrillen = AR (Augmented Reality). Gemeinsam spricht man hier auch von Mixed Reality oder auch Extended Reality = XR. Bei Virtual Reality ist eine Datenbrille erforderlich, welche die Nutzer*in beim Tragen mit der virtuellen Welt regelrecht verschmelzen lässt. Eigene Handlungen interagieren in der virtuellen Welt und umgekehrt erscheint die virtuelle Welt, als wäre sie real und Mann/Frau Teil davon. VR-Anwendungen begegnen uns immer häufiger. Sei es nun bei Computerspielen, bei Museumsbesuchen, der Architektur, e-Governance oder auch in der Medizin.

Sie werden sich nun zurecht fragen: „Und was hat das nun mit dem EFQM Modell zu tun?“ Die kurze Antwort: vieles, wenngleich Virtual Reality im Bereich der Managementsysteme ein noch kaum beschrittener Weg ist.

Haben Sie bspw. auch schon einmal den Wald vor lauter Bäume nicht gesehen? Dieses Gefühl könnte einen auch erschleichen, wenn man in die Welt des EFQM Modells eintaucht. Hauptkriterien, Teilkriterien, Ansatzpunkte, RADAR Elemente und RADAR Attribute und dann auch noch Vernetzungen und Verflechtungen zwischen all diesen Bestandteilen. Alle, die sich schon einmal mit dem EFQM Modell auseinandergesetzt haben, kennen diesen ersten Zugang. Je öfter man sich damit beschäftigt, desto klarer wird es, aber dennoch – auch erfahrene Anwender*innen können sich schon mal in der Komplexität verlieren.

Wenn wir eine Gegend erkunden, versuchen wir immer an Punkte zu kommen, die uns eine Aussicht zur Orientierung ermöglichen. Im Wald kann es auch schon mal sein, dass man sich wünscht, man könnte einige der Bäume einfach verschwinden lassen – nur damit man besser erkennen kann, wie es weitergehen soll.

Bild 1: Quelle: W. Pölz; Erstellt mit „Mindjet“ Version 2021

Durch geschickte Nutzung von Mindmaps und Filterfunktionen (siehe Bild 1 und 2) lässt sich hier schon viel erleichtern, fordert aber immer noch einiges an Vorstellungsvermögen.  Das erste Bild zeigt einige Vernetzungen zwischen den Kriterien und beim zweiten Bild wurde ein Filter auf „Mitarbeiter*innen“ gesetzt, um einen fokussierten Blick zu unterstützen. Es erscheinen dann auch nur jene Kriterien, wo Mitarbeiter*innen Thema sind bzw. sein sollten.

Bild 2: Quelle: W. Pölz; Erstellt mit Mindjet Version 2021

Denken wir einfach nur einmal an Wanderkarten. Klar sind die Höhenschichtlinien eingezeichnet und geübte Leser*innen erkennen darin flache, steile und sehr steile Geländeformationen. Haben wir eine Relief- bzw. 3D-Karte vor uns, erkennt selbst der ungeübteste Laie mit welcher Landschaft wir es zu tun haben. Um zu verdeutlichen, was ich meine, betrachten Sie Bild 3 und 4. Beide zeigen Graz und die Alpen westlich davon – der Unterschied bedarf wohl keiner weiteren Erklärungen.

Bild 3: Quelle: Static Bergzeit

Und genau hier greift einer der zentralen Vorteile von VR. Wie bei Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpfs Lied  „[…]     ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt.“  bietet VR die Möglichkeit, individuelle „Welten“ zu schaffen, in denen Videos, Bilder, Texte usw. hinterlegt werden können. Auch Marketing-Experten haben ihre Freude daran, denn klarerweise lässt sich auch das Corporate Design berücksichtigen.

Bild 4: Quelle: Screenshot aus der Bergfex-Handy-App

Stellen Sie sich vor, sie können mit ihren Kolleg*innen, Kund*innen usw. DURCH (!) das EFQM Modell wandern und je nach Thema ändern sich der Hintergrund, die Wandgestaltung, die Gegenstände, die Bilder und Texte an der Wand usw. Das bedeutet, dass Inhalte maßgeschneidert und themenspezifisch aufbereitet sind. Diese „Wanderung“ durch das Modell kann auch einfach – virtuell – mitgefilmt werden und ein entsprechender Schulungs- / Präsentationsfilm entsteht quasi als Nebenprodukt. VR bietet aber nicht nur die Möglichkeit, durch das Modell zu wandern – das würde ein 180° bzw. 360° Film auch leisten. Das große Asset von Virtual Reality ist, dass damit auch IM (!) Modell gearbeitet werden kann. Teammeetings, gemeinsame Pinnwandbearbeitung, usw. so, als wären die Teilnehmer*innen physisch vor Ort.

Nach knapp 1,5 Jahren Covid 19, Homeoffice und unzähligen Onlinemeetings mit MS Teams, Zoom, Jitsi-Meet und Co stellt sich die berechtigte Frage: „Und was ist bei VR nun anders im Vergleich zu den „normalen“ Kollaborationstools?“ Die Antwort führt uns zurück zu Bild 3 und 4. Mit herkömmlichen Werkzeugen betrachten alle gemeinsam die Karte auf dem Bildschirm, egal ob Bild 3 und 4, machen Notizen usw. Mit VR bewegen sich alle IN der Karte und IM Gelände. Als wären die Teilnehmenden in der Reliefkarte, können alle die Berge rauf- / runtergehen, bleiben stehen, genießen die Aussicht und wenn es entsprechend aufbereitet ist, wäre auch ein Gang durch die Berge möglich. Wo immer es für die Gruppe passt bzw. erforderlich ist, werden Pinnwände aufgestellt, gearbeitet und nach Lust und Laune auch die Gegend verändert. Es könnten bspw. Bäume gepflanzt oder entfernt werden, ein Gebäude hingestellt und von allen Seiten – links, rechts, oben, aus der Nähe, der Ferne usw. – betrachtet werden. Das Bild 5 zeigt einen kleinen Ausschnitt, wie eine Anwendung der VR-Technologie in Verbindung mit dem EFQM Modell aussehen kann.

Bild 5: Quelle: W. Pölz; Erstellt mit „mindVRexcellence ®“

Zwar heißt es, ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, aber in diesem Fall empfehle ich dann doch bewegte Bilder. Interessierte finden HIER zwei kurze Videos, wie eine Anwendung aussehen kann.

Kurz zusammengefasst lässt sich zur VR-Anwendung (für Managementmodelle) folgendes sagen:

  • Frei gestaltbare „Welten“ – Text, Bilder, Filme usw.
  • Kollaboratives Arbeiten IM(!) Modell und nicht nur mit dem Modell
  • Im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbares“ Erleben des Modells
  • Maßgeschneiderte Ansichten
  • Filme und Fotos aus Sicht des Betrachters, bspw. für Schulungen, lassen sich ganz einfach erstellen
  • Anwendbar auch für andere Standards wie bspw. ISO 9001, ISO 14001, SDGs usw.

Es gibt aber auch Nachteile:

  • Je nach Anwendung kann es zu Beginn zur „motion sickness“ (fühlt sich an wie Seekrankheit) kommen. Die Köpersensorik passt mit den Wahrnehmungen des Gehirns nicht zusammen – ist aber eher ein Thema bei Spielen und nicht, wenn eine EFQM- Mindmap durchwandert wird.
  • Teilnehmer*innen ohne VR-Brille sind auf die Bewegung und die Ansichten des Moderators im Modell angewiesen und können sich nur unter bestimmten Umständen selbständig im Modell bewegen. Das ist jedoch nur eine Frage der technischen Voraussetzungen.
  • Nicht zu vernachlässigen ist auch das Suchtpotenzial: Die nahezu unendlich großen Möglichkeiten des virtuellen Raumes, lassen einen schon einmal die Uhr aus den Augen verlieren 😉

Zum Autor

Portrait Wolfgang PölzIng. Mag.(FH) Wolfgang Pölz, MSc, MBA arbeitet als selbständiger Unternehmensberater mit Fokus Organisationsentwicklung und ist seit mehr als 23 Jahren als freiberuflicher Netzwerkpartner Auditor für diverse Normmodelle und Trainer im Bereich QM-Systeme für die Quality Austria aktiv. Er führt seit über 20 Jahren Assessments nach dem EFQM Modell durch und ist von der EFQM als Assessoren-Trainer zertifiziert. Seit 2017 betreut er auch als ISO/TS 22163 (vormals IRIS) Produktexperte der Quality Austria Unternehmen der Schienenfahrzeugindustrie.
www.wpo.co.at

Mehr zum Thema Virtual Reality und von Wolfgang Pölz erfahren Sie auch im kommenden Webinar "Das EFQM Modell praktisch anwenden: Zweck, Vision und Strategie – Kriterium 1 des EFQM Modells", das am 7. Oktober stattfindet.

HIER bekommen Sie weitere Informationen und können sich dafür anmelden.

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